Praxisalltag & Erfahrungsberichte

„Wir müssen die Patienten Journey besser verstehen“ - Interview mit Dr. med. dent. Martin Baxmann

Corinna Romke | 21 März 2023
„Wir müssen die Patienten Journey besser verstehen“ - Interview mit Dr. med. dent. Martin Baxmann

DR SMILE hatte im Januar 2023 für seine Zahnärzte und Partner-Zahnärzte ein Aligner Intensivseminar veranstaltet. Während des zweitägigen Intensivkurses wurden sämtliche Themen rund um Aligner-Therapien behandelt, unter anderem Dokumentation, Diagnostik, Planung, Fallauswahl, Unterschiede zwischen den Therapieformen, und andere.

Referent des Seminars war Dr. med. dent. Martin Baxmann, renommierter Facharzt für Kieferorthopädie und Gründer der Praxisgruppe Orthodentix®. Die Gruppe besteht aus fünf KFO-Praxen, zusätzlich leitet der dasKFO-Fachlabor MyOrthoLab®. In seinen Praxen bietet Dr. Baxmann das gesamte Spektrum an kieferorthopädischen Behandlungen an, unter anderem auch Aligner-Therapien. Bei der Wahl der Aligner setzt er auf sein eigenes System, das InHouse produziert wird.

Dr. med. dent. Baxmann zusammen mit Dr. med. dent. Lan Huong Timm, Chief Medical Officer DR SMILE.

Dr. med. dent. Martin Baxmann mit Dr. med. dent. Lan Huong Timm

DR SMILE hat das Seminar als Anlass genommen, Dr. Baxmann ein paar Fragen zu stellen:

Herr Dr. Baxmann, Sie haben die Bezeichnung „Lean Orthodontics®“ geprägt? Was ist darunter zu verstehen?

Wir kennen den Begriff Lean Management aus der Wirtschaft. Er bezeichnet das effiziente Gestalten von Wertschöpfungsketten. Dabei spielt die Prozessorganisation eine große Rolle. Es handelt sich also um Abläufe und Struktur. Dieses Organisationskonzept, hat zum Ziel, jede Form von Verschwendung, Fehlern und unnötigen Kosten zu vermeiden und gleichzeitig die bestmögliche Qualität zu erzielen. Dieses Konzept habe ich speziell auf den Betrieb einer KFO- bzw. Zahnarztpraxis übertragen und dafür optimiert. Ein Praxisbetrieb besteht aus Prozessen und diese benötigen eine sorgfältige Planung und Organisation, um effizient zu sein. Dabei geht es nicht nur um die Administration des Praxisbetriebs, sondern auch um die Frage, wie Behandlungen geplant werden und wie Übertherapien vermieden werden können.

Können Sie ein Beispiel geben?

Der Erfolg von kieferorthopädischen Behandlungen hängt maßgeblich von der Mitwirkung des Patienten ab. Kieferorthopädische Behandlungen, vor allem bei Jugendlichen, bei denen Zahn- und Kieferfehlstellungen behandelt werden müssen, dauern oft mehrere Jahre und stellen die Geduld des Patienten auf die Probe. Natürlich hat der Patient ein Interesse daran, dass sich die Behandlungszeit verkürzt. In der Behandlung geht es darum, dass die Nebenwirkungen reduziert werden, die das Leben des Patienten verändern. Durch effizientes Behandlungsmanagement kann dies erreicht werden und gleichzeitig die Qualität des Ergebnisses sogar verbessert werden. Es geht darum, die Prozesse im Sinne aller Beteiligten auf das Wesentliche zu reduzieren.

Wie kommt das bei den Patienten an?

Der moderne Patient hat klare Erwartungen. Früher war es ein Qualitätsmerkmal, wenn der Zahnarzt erst in drei Monaten einen Termin frei hatte. Heute kann sich das keine Praxis mehr leisten. In einer durch Amazon geprägten Welt muss alles schnell gehen. Entweder der Patient bekommt sofort einen Termin, oder er orientiert sich um. Zahnärzte müssen heute wirtschaftlich denken und gute Prozesse etablieren. Viele sind davon überfordert und sehen sich mit Entwicklungen konfrontiert, die sie nicht einschätzen können. Aber tatsächlich ist es mit einem etablierten Konzept wie LeanOrthodontics® sehr gut möglich. Wir müssen die Patienten Journey besser verstehen. Die Nachfrage seitens der Patienten ist da. Die Frage ist nur, wo müssen wir den Patienten in einer Marketing-orientierten Welt abholen.

Dr. Baxmann beim Vortrag während des DR SMILE Aligner-Intensivkurses im Januar 2023.

Dr. med. dent. Baxmann

Was muss sich ändern?

Das ist eine interessante Frage. Warum haben Unternehmen wie DR SMILE die Möglichkeit in den Markt einzutreten? Wahrscheinlich weil sie die Marktsituation besser verstanden haben. Wir sollten voneinander lernen. Die Zahnärzte müssen ihre eigene Komfortzone verlassen und lernen, die neuen Entwicklungen als Chance zu begreifen. Warum nutzen wir nicht die Digitalisierung und bringen dadurch Patienten Journey und medizinische Therapie näher zusammen? Das bringt keinen Widerspruch, sondern vielmehr eine Verbesserung der Situation für Ärzte, Patienten und auch die Kieferorthopädie selbst. Die Zeit des „Gott in weiss“, der an den Bedürfnissen der Patienten vorbeibehandelt, ist vorbei. Eine sehr gute integrative Versorgung heute bedeutet das: bestmögliche, evidenzbasierte Kieferorthopädie, informierte und partizipierende Patienten und modernisierte, effiziente Workflows zu verbinden. Die Digitalisierung bietet so viele interessante Möglichkeiten, aber wenn wir diese nicht begreifen, dann vergeben wir wertvolle Zukunftschancen.

Herr Dr. Baxmann, vielen Dank für das Gespräch.

*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.