Sind Aligner-Behandlungen von Wiederholungspatienten erfolgreicher als von Erstpatienten?
Aktuelle Studie untersucht Unterschiede bei kieferorthopädischen Erst- und Wiederbehandlungen
Ein Viertel der untersuchten Patienten hatte bereits in der Vergangenheit eine kieferorthopädische Behandlung.
Mehr Frauen als Männer entscheiden sich für erneute Wiederbehandlungen.
Mehr kieferorthopädische Erstbehandlungen von Mädchen im Teenager-Alter führen zu einer höheren Rückfallquote im Erwachsenenalter.
Patienten, die wiederbehandelt werden, benötigen durchschnittlich seltener eine IPR, haben weniger Praxisbesuche vor Ort und eine kürzere Behandlungsdauer als Erstpatienten.
Patientinnen und Patienten müssen von Kieferorthopäden und Zahnärzten besser über Retentionsmethoden zur Stabilisierung des Behandlungsergebnisses aufgeklärt werden.
Die meisten kieferorthopädischen Behandlungen starten im Alter zwischen 10 und 13 Jahren. Das geht aus dem Jahrbuch 2021 der deutschen Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) hervor.[1] Insgesamt 58,5 Prozent der Neuplanungen entfallen auf diese Altersgruppe. Der Anteil der Erwachsenen über 18 Jahren fällt mit 1 bis 2 Prozent der Neuversorgungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung dahingegen äußerst gering aus.
In der Regel beginnen Patientinnen und Patienten ihre kieferorthopädische Behandlung also im Teenager-Alter. Immer wieder berichten junge Erwachsene über ihre Erfahrungen mit Zahnspangen. Nicht alle hatten positive Erlebnisse mit diesen Apparaturen. Manchmal hat die langwierige Behandlung nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt und einigen Frust ausgelöst - besonders wenn die Behandlung viel Einsatz und Mühe gekostet hat. In einigen Fällen ist das Behandlungsergebnis später nicht stabil geblieben, weil das notwendige Tragen einer eines Retainers zur Stabilisierung des Ergebnisses nicht konsequent verfolgt wurde. Einige dieser Patientinnen und Patienten wagen später im Erwachsenenalter einen erneuten Versuch, ihre Zahnfehlstellung korrigieren zu lassen. Die Behandlung mit Alignern bietet hier gute Möglichkeiten.
Ein Viertel sind Wiederholungsbehandlungspatienten
Die geschilderten Beobachtungen gaben Anlass für eine neue Studie. In „Comparison of Clear Aligner Treatment in First-Treatment and Re-Treatment Patients: A Retrospective Cohoert Study” untersuchen die Autoren, inwieweit sich die Tatsache, dass ein Patient in der Vergangenheit bereits eine kieferorthopädische Behandlung hatte, auf eine erneute Aligner-Behandlung auswirkt. Die Autoren – das sind Dr. med. dent. Lan Huong Timm, Chief Medical Officer DR SMILE, Prof. Dr. med. Dent. Ralf Rößler und Dr. med. dent. Martin Baxmann.
Die Stichprobe umfasste 2.080 Patientinnen und Patienten, die zwischen dem 1. und 30. Juni 2022 eine Aligner-Behandlung bei DR SMILE abgeschlossen hatten. 24 Prozent – also knapp ein Viertel der Patientinnen und Patienten – hatten in der Vergangenheit schon einmal eine kieferorthopädische Behandlung durchlaufen. 76 Prozent waren Erstpatienten. Bemerkenswerterweise trugen nur 2 Prozent der Patienten, die erneut behandelt wurden, zum Zeitpunkt der ersten Bewertung einen Retainer zur Stabilisierung des Zahnstands.
Die Studie zeigt, dass Patientinnen und Patienten mit einer früheren kieferorthopädischen Behandlung ein größeres Zahnbewusstsein, eine stärkere Motivation und objektive Behandlungsbedürfnisse zeigen und eher bereit sind, eine kieferorthopädische Wiederholungsbehandlung einzugehen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass Patienten, die bereits eine kieferorthopädische Behandlung hinter sich haben, sich seltener an kieferorthopädische Trageprotokolle halten als Erstpatienten.
Mädchen aufgrund der Behandlungshäufigkeit eher von Rückfall betroffen
In der vorliegenden Stichprobe waren Patientinnen und Patienten in beiden Gruppen im Durchschnitt unter 30 Jahre alt und in der Mehrzahl weiblich. Insbesondere der Frauenanteil war in der Wiederbehandlungsgruppe deutlich höher als in der Erstbehandlungsgruppe. Ein höherer Prozentsatz von Frauen als von Männern strebte eine erneute Behandlung an. Frauen hielten gerade Zähne für wichtiger als Männer, was sie dazu veranlasste, sich für eine Nachbehandlung zu entscheiden. Das mag auch daran liegen, dass Mädchen im Teenager-Alter häufiger behandelt werden als Jungen. Aufgrund dieser Häufigkeit erleiden Frauen wohl eher einen kieferorthopädischen Rückfall.
Ergebnis
Die gesammelten Daten von erwachsenen kieferorthopädischen Wiederbehandlungs- und Erstbehandlungspatienten zeigten, dass die Profile dieser beiden Gruppen sehr ähnlich sind. Die Notwendigkeit einer IPR (interproximalen Schmelzreduktion), die Anzahl der Praxisbesuche vor Ort und die geplante Behandlungsdauer waren in der Gruppe der Patienten, die eine Wiederholungsbehandlung anstrebten, deutlich geringer. Ein Mangel an langfristiger Retention schien der Hauptgrund für den Rückfall oder das Scheitern der Erstbehandlung zu sein. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, Patientinnen und Patienten angemessen über die langfristige Retention, d.h. die Stabilisierung des Behandlungsergebnisses aufzuklären, insbesondere bei Wiederholungsbehandlungen.
Die vollständige Studie mit allen Ergebnissen finden Sie hier:
Timm, Rößler, Baxmann (28 March 2023): Comparison of Clear Aligner Treatment in First-Treatment and Re-Treatment Patients: A Retrospective Cohort Study, published in https://www.mdpi.com/2076-3417/13/7/4303
Quellen:
[1] Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV): Jahrbuch 2021: Statistische Basisdaten zur vertragszahnärztlichen Versorgung; Seite 98.
*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.